Geboren. am 7. Mai 1934 in Oeslau bei Coburg
Verstorben am 29. September 2021 in Nürnberg
Motorsportkarriere als Motorrad-Rennfahrer und Rallyepilot
Im Jahr 1947 war der 13jährige Gernot mit seinem Vater erstmals bei einem Rennen am Norisring. Der Motorsport ließ ihn seitdem nicht mehr los. Im Alter von 17 Jahren siegte Gernot Leister schon mit seinem ersten eigenen Motorrad bei der „Oberpfälzer Herbstfahrt“.
Im Jahr 1957 holte Gernot Leistner als Mitglied der deutschen Nationalmannschaft der Geländefahrer bei den Sixdays in der ehemaligen CSSR den Titel eines Weltmeisters. Nach Jahren als Motorrad-Werksfahrer bei Ardie, NSU, Zündapp, DKW und Hercules musste Leistner nach einem Unfall mit Knöchelbruch im Jahr 1960 seine Karriere als Motorrad-Fahrer aufgeben.
Nach dem Ende der Zweiradlaufbahn wandte sich Leistner bis 1964 dem Rallye-Sport zu. Zusammen mit seinem Freund und Co-Piloten Jochen Freiberger gewann er 16 Goldmedaillen und errang neun Klassensiege.
Beruflicher Werdegang
Nach dem Abitur wollte Leistner eigentlich Ingenieur in der Motorradindustrie werden. Hierfür war aber im Hause Leistner kein Geld vorhanden. Nach einer dreimonatigen Tätigkeit beim Finanzamt Landshut hängte er die Beamtenlaufbahn an den Nagel und bewarb sich als Werksfahrer bei Ardie. Er bekam einen Werksvertrag bis 1955. Parallel arbeitete er neben seiner Rennkarriere beim Opel-Autohaus Kropf. Dessen Chef Willy Freiberger war ab 1953 Vorsitzender des Motorsport Clubs Nürnberg e.V. (MCN). Insgesamt fuhr Leistner als Werksfahrer bei fünf Nürnberger Motorradfirmen. Später arbeitete er bis zu seinem Ruhestand als Prokurist, Verkaufsleiter und Geschäftsführer des Porsche- Zentrums Nürnberg.
Vorsitzender des Motorsport Clubs Nürnberg e.V. und Norisring-Rennleiter
Im Jahr 1951 wurde Leistner Mitglied im MCN. Das Engagement des jungen Gernot Leistner für den MCN führte dazu, dass er im Jahr 1962 im Alter von 28 Jahren den Posten des Rennleiters in der Nachfolge des 1961 verstorbenen Dr. Oskar Ficht übernehmen durfte. Es war eine schwierige Übergangszeit für den MCN. Das letzte große Motorradrennen fand 1957 statt. 1958 und 1959 gab es keine Rennen. 1961 begann der Neustart auf vier Rädern mit einem Bruchteil an Zuschauern und ohne die Motorradfirmen als Sponsoren früherer Jahre. Erst das Engagement von Leistner und seiner Vereinskameraden führte von Jahr zu Jahr zu steigenden Besucherzahlen und der immer zahlreicheren Teilnahme von prominenten Rennfahrern aus dem In- und Ausland. Der Erfolg führte dazu, dass in einigen Jahren sogar zwei Rennveranstaltungen ausgetragen werden konnten.
Das große Verdienst von Leistner liegt darin, dass er den Norisring zu einer eigenen „Marke“ machte und Rennen und Rennserien selber gestaltet und ausgeschrieben hat. Er war sehr kreativ und wartete nicht auf Nennungen, sondern engagierte mit viel Verhandlungsgeschick Spitzenfahrer und Top-Rennwagen, teilweise mit hohen Antrittsgeldern, Selbst Werksteams wurden von hohen Gagen angelockt. Die Anstrengungen zahlten sich aber aus. Durch die hohen Zuschauerzahlen war der Norisring finanziell erfolgreich. 1967 gab es die ersten 200 Meilen von Nürnberg, die auch heute noch einen legendären Ruf genießen. Die Sportwagen, wie Porsche 906, Porsche 917, Lola T70 usw. standen jetzt im Mittelpunkt. Der Norisring wandelte sich von einer nationalen zu einer bedeutenden internationalen Motorsportveranstaltung.
Leistner hatte mehrfach Rennwagen, die auf anderen Rennstrecken wegen geänderter Reglements nicht mehr startberechtigt waren. Er hat arbeitslose Top-Rennfahrer zusammengebracht und faszinierende Rennen durchgeführt. So war Leistner Mitbegründer der „Interserie“, bei der Sportwagen wie Porsche 917/10, Ferrari 512 M, Lola T70 mit bis zu 1100 PS am Start waren. 1971 reagierte er auf den Unfall von Pedro Rodriguez und verkürzte die Rennstrecke aus Sicherheitsgründen von 3,9 auf 2,3 km. 1976 fand das letzte Motorradrennen an der Noris statt.
1978 übernahm Gernot Leistner neben dem Amt als Rennleiter das Amt des MCN-Vorsitzenden, welches er bis zum Jahr 2011 beibehielt. 1990 wurde er zusätzlich Sportleiter des ADAC-Nordbayern. Der Norisring ist keine permanente Rennstrecke und die Mitglieder des MCN arbeiten alle ehrenamtlich. Auch Gernot Leistner war ehrenamtlich tätig. Trotzdem hat das Team des MCN um ihn mehr für den Motorsport in Deutschland erreicht, als viele hochbezahlte Rennmanager anderer Rennstrecken.
Gernot Leistner hatte weltweit hervorragende Kontakte zu anderen Motorsport-funktionären, die z.B. im Jahr 1984 äußerst hilfreich waren. Es gab im Vorfeld erhebliche Probleme mit der Genehmigung des Rennens. Teile des Areals, insbesondere das Zeppelin-Feld, waren im Besitz der amerikanischen Streitkräfte. In den Vorjahren war das Verhältnis immer bestens und die US-Army hatte keine Probleme mit der Nutzung ihres Geländes für das Rennen.
Der neue Community Commander (Standortältester) der US Army, General Robert L. Drudik, verweigerte ohne ersichtlichen Grund seine Genehmigung für die Durchführung des Rennens. Gernot Leistner konnte über seine Kontakte zu Bilstein-Renndienstchef Hugo Emde und vor allem zum amerikanischen Renn-Organisator und väterlichen Freund Bill France (Chef der NASCAR-Organisation) Bewegung in die Angelegenheit bringen. Leistner setzte sich ins Flugzeug und reiste in die USA. Zwei Tage später war er wieder in Nürnberg, wo ihm der General die Genehmigung der US-Streitkräfte mitteilte. Vorher gab es Kontakte des US-Kongresses zu den amerikanischen Streitkräften in Europa. Ab 1985 erhielt der MCN einen Vertrag von der US-Army für 10 Jahre für die Nutzung des Areals.
1986 und 1987 erhielt der MCN das Privileg zwei Läufe zur Sportwagen-Weltmeisterschaft für Gruppe C Fahrzeuge auszurichten. Es war der Höhepunkt bei den Sportwagenrennen. Der Norisring war auf einer Stufe mit Le Mans, Spa und Sebring angekommen. Auf weitere Rennen zur Sportwagen-WM verzichtete Leistner, weil sich die Zuschauer bei einer Befragung gegen längere Rennen ausgesprochen hatten und die Sprintrennen bevorzugten. Der MCN unter Gernot Leistner konnte es sich sportlich und finanziell leisten auf WM-Läufe zu verzichten. Bis zum heutigen Zeitpunkt ist der Norisring der Saisonhöhepunkt im Motorsport in Deutschland. Nur manchmal übertroffen von der Formel 1, die allerdings immer weniger in Deutschland zu Gast ist.
In die Ära von Leistner fiel auch der Übergang von den Sportwagen zu den Tourenwagen. In den 1970er Jahren fanden die spektakulären Rennen der Deutschen Rennsport-Meisterschaft und ab 1987 die Rennen der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft statt. Zu Beginn noch als Rahmenrennen innerhalb der Gruppe C.
In der Zeit als Rennleiter hat er bis auf die Formel 1 alle wichtigen nationalen und internationalen Rennserien nach Nürnberg geholt. Es ist ihm auch gelungen, allen Widrigkeiten und Anfeindungen zum Trotz, eine hochkarätige Motorsport-Veranstaltung in einer deutschen Großstadt fest zu etablieren. Der Norisring ist heute in der Welt ein Aushängeschild und eine bedeutende Sehenswürdigkeit für Nürnberg.
2011 legte Gernot Leistner den Vorsitz des MCN nieder. Er wurde zum Ehrenvorsitzenden des MCN gewählt. Vorher hatte er sein „Feld“ gut bestellt und die Nachfolge einvernehmlich und erfolgreich geregelt.
Auszeichnungen
Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande
Träger der Bürgermedaille der Stadt Nürnberg
Träger der Ewald-Kroth-Medaille in Gold mit Brillant des ADAC
In großer Dankbarkeit bleiben wir ihm verbunden und verneigen uns vor seiner Lebensleistung. Unser besonderes Mitgefühl gehört seiner Frau Monika.
Hans-Jürgen Farnbacher
Nachruf des MCN e.V.
Geboren. am 7. Mai 1934 in Oeslau bei Coburg
Verstorben am 29. September 2021 in Nürnberg
Motorsportkarriere als Motorrad-Rennfahrer und Rallyepilot
Im Jahr 1947 war der 13jährige Gernot mit seinem Vater erstmals bei einem Rennen am Norisring. Der Motorsport ließ ihn seitdem nicht mehr los. Im Alter von 17 Jahren siegte Gernot Leister schon mit seinem ersten eigenen Motorrad bei der „Oberpfälzer Herbstfahrt“.
Im Jahr 1957 holte Gernot Leistner als Mitglied der deutschen Nationalmannschaft der Geländefahrer bei den Sixdays in der ehemaligen CSSR den Titel eines Weltmeisters. Nach Jahren als Motorrad-Werksfahrer bei Ardie, NSU, Zündapp, DKW und Hercules musste Leistner nach einem Unfall mit Knöchelbruch im Jahr 1960 seine Karriere als Motorrad-Fahrer aufgeben.
Nach dem Ende der Zweiradlaufbahn wandte sich Leistner bis 1964 dem Rallye-Sport zu. Zusammen mit seinem Freund und Co-Piloten Jochen Freiberger gewann er 16 Goldmedaillen und errang neun Klassensiege.
Beruflicher Werdegang
Nach dem Abitur wollte Leistner eigentlich Ingenieur in der Motorradindustrie werden. Hierfür war aber im Hause Leistner kein Geld vorhanden. Nach einer dreimonatigen Tätigkeit beim Finanzamt Landshut hängte er die Beamtenlaufbahn an den Nagel und bewarb sich als Werksfahrer bei Ardie. Er bekam einen Werksvertrag bis 1955. Parallel arbeitete er neben seiner Rennkarriere beim Opel-Autohaus Kropf. Dessen Chef Willy Freiberger war ab 1953 Vorsitzender des Motorsport Clubs Nürnberg e.V. (MCN). Insgesamt fuhr Leistner als Werksfahrer bei fünf Nürnberger Motorradfirmen. Später arbeitete er bis zu seinem Ruhestand als Prokurist, Verkaufsleiter und Geschäftsführer des Porsche- Zentrums Nürnberg.
Vorsitzender des Motorsport Clubs Nürnberg e.V. und Norisring-Rennleiter
Im Jahr 1951 wurde Leistner Mitglied im MCN. Das Engagement des jungen Gernot Leistner für den MCN führte dazu, dass er im Jahr 1962 im Alter von 28 Jahren den Posten des Rennleiters in der Nachfolge des 1961 verstorbenen Dr. Oskar Ficht übernehmen durfte. Es war eine schwierige Übergangszeit für den MCN. Das letzte große Motorradrennen fand 1957 statt. 1958 und 1959 gab es keine Rennen. 1961 begann der Neustart auf vier Rädern mit einem Bruchteil an Zuschauern und ohne die Motorradfirmen als Sponsoren früherer Jahre. Erst das Engagement von Leistner und seiner Vereinskameraden führte von Jahr zu Jahr zu steigenden Besucherzahlen und der immer zahlreicheren Teilnahme von prominenten Rennfahrern aus dem In- und Ausland. Der Erfolg führte dazu, dass in einigen Jahren sogar zwei Rennveranstaltungen ausgetragen werden konnten.
Das große Verdienst von Leistner liegt darin, dass er den Norisring zu einer eigenen „Marke“ machte und Rennen und Rennserien selber gestaltet und ausgeschrieben hat. Er war sehr kreativ und wartete nicht auf Nennungen, sondern engagierte mit viel Verhandlungsgeschick Spitzenfahrer und Top-Rennwagen, teilweise mit hohen Antrittsgeldern, Selbst Werksteams wurden von hohen Gagen angelockt. Die Anstrengungen zahlten sich aber aus. Durch die hohen Zuschauerzahlen war der Norisring finanziell erfolgreich. 1967 gab es die ersten 200 Meilen von Nürnberg, die auch heute noch einen legendären Ruf genießen. Die Sportwagen, wie Porsche 906, Porsche 917, Lola T70 usw. standen jetzt im Mittelpunkt. Der Norisring wandelte sich von einer nationalen zu einer bedeutenden internationalen Motorsportveranstaltung.
Leistner hatte mehrfach Rennwagen, die auf anderen Rennstrecken wegen geänderter Reglements nicht mehr startberechtigt waren. Er hat arbeitslose Top-Rennfahrer zusammengebracht und faszinierende Rennen durchgeführt. So war Leistner Mitbegründer der „Interserie“, bei der Sportwagen wie Porsche 917/10, Ferrari 512 M, Lola T70 mit bis zu 1100 PS am Start waren. 1971 reagierte er auf den Unfall von Pedro Rodriguez und verkürzte die Rennstrecke aus Sicherheitsgründen von 3,9 auf 2,3 km. 1976 fand das letzte Motorradrennen an der Noris statt.
1978 übernahm Gernot Leistner neben dem Amt als Rennleiter das Amt des MCN-Vorsitzenden, welches er bis zum Jahr 2011 beibehielt. 1990 wurde er zusätzlich Sportleiter des ADAC-Nordbayern. Der Norisring ist keine permanente Rennstrecke und die Mitglieder des MCN arbeiten alle ehrenamtlich. Auch Gernot Leistner war ehrenamtlich tätig. Trotzdem hat das Team des MCN um ihn mehr für den Motorsport in Deutschland erreicht, als viele hochbezahlte Rennmanager anderer Rennstrecken.
Gernot Leistner hatte weltweit hervorragende Kontakte zu anderen Motorsport-funktionären, die z.B. im Jahr 1984 äußerst hilfreich waren. Es gab im Vorfeld erhebliche Probleme mit der Genehmigung des Rennens. Teile des Areals, insbesondere das Zeppelin-Feld, waren im Besitz der amerikanischen Streitkräfte. In den Vorjahren war das Verhältnis immer bestens und die US-Army hatte keine Probleme mit der Nutzung ihres Geländes für das Rennen.
Der neue Community Commander (Standortältester) der US Army, General Robert L. Drudik, verweigerte ohne ersichtlichen Grund seine Genehmigung für die Durchführung des Rennens. Gernot Leistner konnte über seine Kontakte zu Bilstein-Renndienstchef Hugo Emde und vor allem zum amerikanischen Renn-Organisator und väterlichen Freund Bill France (Chef der NASCAR-Organisation) Bewegung in die Angelegenheit bringen. Leistner setzte sich ins Flugzeug und reiste in die USA. Zwei Tage später war er wieder in Nürnberg, wo ihm der General die Genehmigung der US-Streitkräfte mitteilte. Vorher gab es Kontakte des US-Kongresses zu den amerikanischen Streitkräften in Europa. Ab 1985 erhielt der MCN einen Vertrag von der US-Army für 10 Jahre für die Nutzung des Areals.
1986 und 1987 erhielt der MCN das Privileg zwei Läufe zur Sportwagen-Weltmeisterschaft für Gruppe C Fahrzeuge auszurichten. Es war der Höhepunkt bei den Sportwagenrennen. Der Norisring war auf einer Stufe mit Le Mans, Spa und Sebring angekommen. Auf weitere Rennen zur Sportwagen-WM verzichtete Leistner, weil sich die Zuschauer bei einer Befragung gegen längere Rennen ausgesprochen hatten und die Sprintrennen bevorzugten. Der MCN unter Gernot Leistner konnte es sich sportlich und finanziell leisten auf WM-Läufe zu verzichten. Bis zum heutigen Zeitpunkt ist der Norisring der Saisonhöhepunkt im Motorsport in Deutschland. Nur manchmal übertroffen von der Formel 1, die allerdings immer weniger in Deutschland zu Gast ist.
In die Ära von Leistner fiel auch der Übergang von den Sportwagen zu den Tourenwagen. In den 1970er Jahren fanden die spektakulären Rennen der Deutschen Rennsport-Meisterschaft und ab 1987 die Rennen der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft statt. Zu Beginn noch als Rahmenrennen innerhalb der Gruppe C.
In der Zeit als Rennleiter hat er bis auf die Formel 1 alle wichtigen nationalen und internationalen Rennserien nach Nürnberg geholt. Es ist ihm auch gelungen, allen Widrigkeiten und Anfeindungen zum Trotz, eine hochkarätige Motorsport-Veranstaltung in einer deutschen Großstadt fest zu etablieren. Der Norisring ist heute in der Welt ein Aushängeschild und eine bedeutende Sehenswürdigkeit für Nürnberg.
2011 legte Gernot Leistner den Vorsitz des MCN nieder. Er wurde zum Ehrenvorsitzenden des MCN gewählt. Vorher hatte er sein „Feld“ gut bestellt und die Nachfolge einvernehmlich und erfolgreich geregelt.
Auszeichnungen
Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande
Träger der Bürgermedaille der Stadt Nürnberg
Träger der Ewald-Kroth-Medaille in Gold mit Brillant des ADAC
In großer Dankbarkeit bleiben wir ihm verbunden und verneigen uns vor seiner Lebensleistung. Unser besonderes Mitgefühl gehört seiner Frau Monika.
Hans-Jürgen Farnbacher
Ein Leben für den Norisring
Zum Tod von Rennleiter Gernot Leistner
Von Rainer Braun
Der Name Gernot Leistner ist mit der Geschichte des Norisrings so eng verbunden wie die Rennstrecke selbst mit der Stadt Nürnberg. Wie die Familie erst jetzt mit vierwöchiger Verspätung bekanntgab, ist „Mister Norisring“ bereits am 29. September 2021 im Alter von 87 Jahren nach längerer Krankheit verstorben. Als einer der langjährigen Wegbegleiter blicke ich wehmütig zurück auf seine einmalige Laufbahn als Rennleiter, Organisationschef und Vorstand des Norisring-Veranstalters MCN.
Kein anderer Rennleiter in Europa hat die Geschicke eines Rennens und einer Rennstrecke so geprägt wie Gernot Leistner. Bis 2011 liefen alle Fäden des Nürnberger Traditionsrennens bei ihm zusammen. Zwar hatte der große Macher und Manager den Kommando-Stand schon drei Jahren zuvor auf eigenen Wunsch endgültig verlassen, „um einer jüngeren Generation Platz zu machen“, aber übergangsweise blieb er den „200 Meilen von Nürnberg“ noch als Ratgeber erhalten. Sein Name aber wird über den Tod hinaus für alle Zeiten mit dem Norisring verbunden bleiben.
55 Jahre lang war Gernot der uneingeschränkte Herrscher an der Noris, 51 Mal in Folge war er Rennleiter. Gern erinnert er sich an die große Zeit der Sportwagen auf seinem Norisring, Ferrari und Porsche, Lola und Lotus, Alfa und Abarth, McLaren und March, BMW und BRM versammelten sich ab Mitte der 60er Jahre bis 1989 regelmäßig auf der Stadtrennstrecke. Aber es gab auch einen Tiefpunkt, als 1971 Pedro Rodriguez in einem Ferrari 512 M am Ende der langen Gegengeraden tödlich verunglückte. „Das war unser schlimmstes Erlebnis“, hat mir Gernot mal mit belegter Stimme gesagt, „wir waren damals tagelang alle wie gelähmt. Ich hatte einen Freund verloren und die Zukunft der Rennstrecke stand plötzlich auf dem Prüfstand. Lange Zeit blieb völlig unklar, ob es unser Rennen überhaupt noch mal geben würde.“
Logische Konsequenz aus dem Rodriguez-Unfall war ein radikales Umdenken in Sachen Sicherheit. Der Kurs wurde durch Wegfall der beiden langen Geraden entschärft und mit dem Wendepunkt am Grundig-Haus auf überschaubare 2.3 km eingekürzt. Der Norisring war damit gerettet, und die Sportwagen donnerten noch bis 1989 an den Steintribünen vorbei, bevor diese Ära endgültig zu Ende ging und durch die DTM mit ihren Rahmenrennen ersetzt wurde.
Gernot Leistner und sein Lebenswerk Norisring – was er und seine treuen Weggefährten im Laufe von mehr als 50 Jahren geschaffen haben, hat längst in den Geschichtsbüchern des deutschen und internationalen Motorsports seinen Platz gefunden. Unter Leistner und seiner Mannschaft wurde der Norisring zu einer Kult-Veranstaltung in Deutschland, vergleichbar mit Monaco und seinem F1-GP. Nur das in Nürnberg alles viel unkomplizierter und menschlicher war, Verträge noch per Handschlag abgeschlossen und Probleme höchst unkompliziert gelöst wurden.
Als ganz besonderer Clou galt zwischen 1970 und 1980 der berühmte Porsche-Parkplatz auf dem Zeppelinfeld hinter der Rennstrecke. Als Prokurist, Verkaufsleiter und Geschäftsführer des Porsche Zentrums Nürnberg ließ der clevere Leistner alle im Porsche anreisenden Besucher schon im Vorfeld kanalisieren und auf die Wiese der US-Army lotsen. Bis zu 1.500 Porsches aller möglichen Typen und Farben gaben so ein grandioses Marketing-Bild ab. „Für unsere Porsche-Besucher haben wir auch das erste Verpflegungszelt aufgebaut. Die Bewirtung war einfach und preiswert – Brot, Butter, Käse, Wurst und Bier.“
Seit der hochdekorierte Ex-Rennleiter Ehrenpräsident des Norisring-Veranstalterclubs MCN war, gab es alljährlich zum Rennen eine „Leistner Lounge“ oberhalb der Boxenanlage. Eingeladen waren jeweils gute Freunde und langjährige Wegbegleiter, die der Club großzügig bewirtete. So sehr sich Gernot auch über seine ungebrochene Popularität freute und sie auch genoss – es wurde für ihn immer anstrengender, alte Freunde zu begrüßen und sich mit ihnen zu unterhalten. Man merkte ihm von Jahr zu Jahr immer mehr an, wieviel Kraft ihn die fortschreitende Krankheit kostete. Sein letzter Besuch in seiner „Leistner Lounge“ war 2019.
Mit viel Liebe und Aufopferung umsorgte seine Monika ihn in den letzten schweren Jahren und Monaten. Sie war fast 40 Jahre die Frau an seiner Seite, sie sorgte für alles, vor allem dafür, dass es ihrem Gernot immer gut ging. Beiläufig sei noch erwähnt, dass er 1997 für seine Verdienste vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet wurde und von der Stadt Nürnberg erhielt er die Bürgermedaille.
Nie werde ich zwei Momente mit Gernot Leistner vergessen. Einmal, als er mich Anfang Juli 1964 als neuen Streckensprecher am Norisring mit der ihm eigenen Herzlichkeit begrüßt hat und mir die Chance gab, als junger Berufsstarter mit 24 Jahren eines der wichtigsten deutschen Rennen zu kommentieren. Immerhin bin ich fast 40 Jahre an Bord geblieben. Den zweiten Moment 55 Jahre später empfand ich als eher traurig, als er mir bei unserem letzten Zusammentreffen 2019 in seiner Leistner-Lounge nochmal fest die Hand gedrückt und „Danke für alles“ gesagt. Da war er schon sehr geschwächt und ich bin seitdem nie das Gefühl losgeworden, dass dies schon eine Art Abschied war.
Mach’s gut Gernot, du warst uns allen ein lieber Freund und hast der Motorsportwelt jedes Jahr das schönste Rennen mit der besten Atmosphäre beschert.